Deutsche Sportphilatelisten auf Fußball-EM-Kurs

Peter Leinemann ist Schatzmeister im Vorstand der „Internationalen Motivgruppen Olympiaden und Sport e.V.“ (IMOS), großer Fan der deutschen Fußballnationalmannschaft und aktiver Fußball-Philatelist.

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Der Besuch der WM 2022 in Qatar wurde von ihm in einem IMOS-Sonderheft umfassend sportlich, kulturell und philatelistisch aufgearbeitet. Jetzt steht die EM im eigenen Land vor der Tür. Vier Fragen an den Fachmann:

Die Deutsche Post bringt anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 2024 im eigenen Land am 6. Juni nur die eine Sondermarke heraus. Welche offiziellen Aktivitäten sind darüber hinaus noch bekannt?

Leider, muss ich sagen, wird es von der Post nur die eine Sonderbriefmarke mit den, wie üblich, zwei Ersttagsstempeln in Bonn und Berlin geben. Dann kann man noch ein Numisblatt kaufen, in dem die 11-Euro-EM-Sondermünze und ein Zehnerbogen mit der EM-Sondermarke enthalten sein wird. 

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Marke, Bogenrand und Stempel sind vom Hattinger Grafiker Thomas Serres entworfen worden, der schon für viele Sportausgaben verantwortlich war, u.a. 2021 für die Marken zu den neuen olympischen Sportarten sowie auch für die paralympischen Marken im Rahmen der Plusmarken-Serie „Für den Sport“ 2023.

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Ja und dann gibt es noch ein Erinnerungsblatt. Das ist so eine Art Klappkarte mit sechs Seiten. Diese enthält dann zwei Sondermarken mit den ersten Abstempelungen und einige Erläuterungen zur Euro 2024. Ansonsten sind eigentlich keine besonderen Aktivitäten vorgesehen. Ich habe immer gehofft, dass es noch Extra-Stempel aus den Spielorten der EURO gibt, so wie das 1988 bei der EM oder auch zur WM 2006 in Deutschland der Fall war. Leider Fehlanzeige – ist ein bisschen traurig, aber so ist es halt!

Sie und einige Fußballmotivsammler waren schon aktiv in Sachen eigener EM-Belege. Welche Ideen wurden umgesetzt?

Wir haben schon einiges unternommen, um eigene EM-Belege produzieren zu können, auch mit Belegmaterial, das zum Beispiel von den Austragungsorten herausgegeben worden ist. Einige Städte haben einen Absenderfreistempel aufgelegt, wie z.B. Gelsenkirchen.  

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Und dann gibt es ja noch die Trophy Tour, auf der der EM-Pokal in allen 10 Austragungsorten präsentiert wird. Da ist teilweise schon einiges Material dazugekommen.  Christoph hat uns aus Frankfurt wunderschöne Postkarten besorgt, die die Stadt mit dem Logo „Host City Frankfurt“ hat drucken lassen. Super, dass mit Alex Meier in Frankfurt noch eine Stürmerlegende der Frankfurter Eintracht mit vor Ort war, der teilweise Postkarten auch signiert hat.

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International habe ich bis jetzt lediglich in Monaco eine Briefmarke zur EM gefunden. Wir haben uns natürlich auch so ein bisschen um die Teilnehmerländer der EURO und ihre Postanstalten gekümmert.  Wir haben mal geschaut, welche denn auch irgendwelche Briefmarken zur EM herausgeben werden. Leider ist das Ergebnis in diesem Jahr noch recht mager.  Türkisch Zypern, Albanien, Rumänien, die Ukraine und Georgien haben Marken geplant.  Aber so, wie in den zurückliegenden Jahren, als fast jedes Teilnehmerland eine Sondermarke auflegte, scheint es diesmal nicht der Fall zu sein. 

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Da haben wir selbst überlegt, was man noch machen kann. Beispielsweise personalisierte Briefmarken bei der Post herstellen lassen. Das haben wir auch getan. Zu jedem deutschen Austragungsort gibt es nun eine personalisierte Briefmarke, jeweils in Zehner- bzw. Zwanzigerbögen.  Mit den Marken und natürlich mit der offiziellen EM-Sonderbriefmarke, werden wir unsere Belege frankieren.

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Dann gab es noch ein paar Blanko Postkarten mit interessanten und lustigen Fußballmotiven, die man für die eigenen Belege nutzen kann. Die Karten sind sogenannte „Toiletten-Karten“. Die findet man in vielen Restaurants in Ständern vor den Toiletteneingängen – kostenlos!  

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Diese Aktion der Stiftung „Fußball & Kultur EURO 2024“ für die fünf Kartenmotive heißt „Fußball berührt“. Das Ganze gehört mit zum offiziellen EM-Kunst-und Kulturprogramm, dass mit vielfältigen Aktivitäten in den Städten während der EM für die Organisatoren noch eine interessante Möglichkeit ist, ein paar zusätzliche „Euro“ einzusammeln.   

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Wer Interesse an solchen zusätzlichen EM-Belegen hat, welche Möglichkeiten gibt es zum Erwerb oder zum selbst gestalten?

Zu kaufen gibt es diese Belege nicht. Da muss jeder Interessent selbst etwas dafür tun. Aber gern unterstützen wir. Wir haben uns überlegt, dass man beispielsweise die besonderen Bildstempel der PhilaShops der Post, die in neun von 10 Austragungsorten vor Ort sind, dafür verwenden kann, um entsprechende Spiel-Belege selbst herzustellen.  

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Das heißt, wenn an einem bestimmten Tag ein Spiel, sagen wir mal in Dortmund ist, dann kann man seinen Brief-Beleg nach Dortmund schicken und dort an dem Tag, an dem das Spiel stattfindet, abstempeln lassen.  Dafür leisten wir auch Schützenhilfe. D.h., dass zunächst jeder unserer Sammler die Briefe selbst gestaltet und frankiert. Drei aus unserer IMOS-Gruppe haben sich bereit erklärt, dann dafür sorgen, dass die Briefbelege auch entsprechend zu den PhilaShops kommen. Damit ist es möglich, alle 51 EM-Spiele mit entsprechendem Briefmaterial zu belegen.  

Derzeit werden neben der offiziellen EM-Briefmarke der Deutschen Post auch noch andere Editionen angeboten. So gibt ein bekannter Briefmarkenhändler eine zwölfteilige, offiziell lizensierte, Markenkollektion aus Feinsilber heraus. Aber auch einige private Postdienstleister wollen Fußball-Marken zur EM auflegen.  Welchen Wert haben solche Ausgaben für den Sammler?

So eine zwölfteilige Markenkollektion aus Feinsilber ist ja sicher ganz schön, hat aber wenig mit Postdienstleistungen oder gar der Aufgabe einer echten Briefmarke zum Versenden von Post zu tun. Feinsilber klebt, glaube ich, auch nicht so gut auf einem Briefumschlag.  Das ist nichts für uns. Wir wollen eher echt gelaufenes Material sammeln. 

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Da kommen dann zusätzlich auch noch die privaten Postdienstleister ins Spiel. Da gibt es ja auch im Bereich der Fußballmotive einige, die bei früheren Ereignissen kräftig unterwegs waren. Die CityPost Hannover ist beispielsweise schon aktiv geworden.

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Und dann habe ich gehört, dass auch die LVZ-Post in meiner Heimatstadt Leipzig beabsichtigt, eine Marke oder einen Markensatz zur EURO 2024 herauszugeben. 

Danke für das Gespräch! 

Wer wird den Henri-Delaunay-Pokal, wie er offiziell heißt, am Ende in den Berliner Abendhimmel recken? Zum zweiten Mal nach 1988 und erstmals seit der Wiedervereinigung ist Deutschland Gastgeber der 17. Fußball-Europameisterschaft.

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24 Nationalmannschaften ermitteln vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 in zehn Städten den neuen Europameister, der erst nach 51 Partien feststehen wird. Die begehrte Trophäe, die den größten Wettbewerb des europäischen Fußballs für Nationalmannschaften symbolisiert, trägt den Namen des ehemaligen französischen Fußballfunktionärs, der bei der Entstehung der UEFA im Jahr 1954 eine maßgebliche Rolle spielte und bis zu seinem Tod im November 1955 erster UEFA-Generalsekretär war.

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Delaunay hatte schon seit den 1920ern den Traum, einen europäischen Wettbewerb für Nationalmannschaften einzuführen.  Leider erlebte er die Erfüllung seines Traums nicht mehr, aber seine Grundlagen wurden nie vergessen. Als der neue Wettbewerb schließlich beim UEFA-Kongress im Juni 1958 in Stockholm vorgestellt wurde, schlug Ebbe Schwartz, der erste UEFA-Präsident, vor, die Siegertrophäe zu Ehren von Henri Delaunay und dessen kreativer Rolle nach ihm zu benennen. 

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Der französische Verband übernahm die Aufgabe, den neuen Pokal herzustellen. Verantwortlich dafür warHenri Delaunays Sohn Pierre, der 1956 seinem verstorbenen Vater als UEFA-Generalsekretär gefolgt war und weiter an der EM-Idee gearbeitet hatte.  „Weil Griechenland Ursprung der Olympischen Spiele ist, dachte ich, dass ein antikes griechisches Kunstobjekt passend wäre, wenn möglich mit einem Ball. So etwas war allerdings nicht leicht zu finden und auf einer Trophäe zu verwirklichen“, so Pierre Delaunay später in einem Interview. Ein griechischer Journalist und Freund des Exekutivkomitee-Mitglieds, Constantin Constantaras, stieß im Archäologiemuseum von Athen auf eine Skulptur, die einen Athleten zeigt, der einen Ball jongliert. Der Pariser Goldschmied Chobillon brachte auf der Rückseite des Pokals ein Abbild dieser Skulptur an. Die Herstellung des Pokals kostete die UEFA damals 20-tausend Francs. Obwohl der ursprüngliche Henri-Delaunay-Pokal nur 42,5 Zentimeter hoch war, wog er stolze zehn Kilogramm, was auch am Marmorsockel lag. 

Dieser wurde dann in der neuen Version des Pokals, der seit der EM 2008 verliehen wird, abgeschafft. Ohne den schweren und unhandlichen Marmorsockel sollen die Spieler besser mit dem Pokal jubeln können! Auch wenn der neue EM-Pokal 18 Zentimeter größer ist, wiegt er nun nur noch acht Kilogramm. Zum Vergleich: Der Henkelpott der Champions League ist 73,5 Zentimeter hoch und 7,5 Kilogramm schwer.

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Die alte EM-Trophäe war seit der ersten Austragung im Jahre 1960, die von der damaligen Sowjetunion gewonnen wurde, vergeben worden. Angeführt von Kapitän Igor Netto (mit Pokal) und Torhüter Lew Jaschin lässt sich die Mannschaft der Sowjetunion 1960 für ihren EM-Sieg feiern. (Foto:© pa / dpa | Keystone)

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Eine Briefmarke zu diesem Ereignis gab es erst 50 Jahre später, als die russische Post an diesen historischen Sieg erinnerte.

Damals noch mit der ersten Version des Henri-Delaunay-Pokals und Marmorsockel: Jürgen Klinsmann feiert 1996 den letzten Triumph einer deutschen Nationalmannschaft bei einer Europameisterschaft.

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Copyright: picture-alliance / dpa

Der neue Henri Delaunay-Pokal, den Iker Casillas als Kapitän der spanischen Nationalmannschaft 2008 als Erster in den Händen hielt, erinnert in seinem Aussehen schon sehr an die alte Trophäe. Allerdings wurde die kleine Figur, die auf der Rückseite des Originalpokals mit einem Ball jongliert, genauso entfernt wie der Marmor-Sockel. Dafür wurde der silberne Boden vergrößert, um den Pokal zu stabilisieren.

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Sechs Monate hatte die Londoner Designerin Karen Marsden an ihrem Entwurf gefeilt, in ständiger Absprache mit dem Fußballverband. „Die UEFA wollte einen Blickfang haben, sie hat einen bekommen“, erklärte man bei Asprey stolz. Wochenlang wurde geschmolzen, gehämmert und gefräst. Der alte Pokal sei gut, die Qualität des verwendeten Silbers und die Ausführung seien beim neuen aber besser. „Sie werden keine bessere Trophäe finden“, teilte die Luxusmanufaktur mit.

Als Wanderpokal bleibt er Eigentum der UEFA. Nur wenn eine Mannschaft dreimal in Folge oder insgesamt fünfmal Europameister wird, erhält sie eine Reproduktion in Originalgröße. Ansonsten müssen die Imitate 20 Prozent kleiner als die Vorlage und mit „Replika“ versehen sein. Deutschland und Spanien führen die Siegerliste mit je drei Titelgewinnen an. 

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Spanien ist in der Geschichte der Fußball-Europameisterschaft bisher die einzige Mannschaft, die ihren Titel verteidigen konnte (2008 und 2012). Gefeiert wurde auch auf diesem „Pokal-Block“ der spanischen Post. Portugal freute sich über die Troféu Henri Delaunay 2004 auf diesem Block der portugiesischen Post.

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Österreich veredelte 2008 als EM-Gastgeber eine seiner EM- Briefmarken mit echten Swarovski- Kristallen. Und die Ukraine ließ als Co-Gastgeber der EM 2012 den Henri-Delaunay-Cup auf einem Block sogar „Golden“ erscheinen.

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(Autor: KJA)

„Ehre – Geschenk – Mega!“ – Olympioniken mit eigenen Kunstwerken auf Sportbriefmarken

Das war eine Briefmarkenpräsentation der besonderen Art. Gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen und der Deutschen Post hat die Stiftung Deutsche Sporthilfe am 2. Mai 2024, mittlerweile traditionsgemäß im Coubertin-Saal des Berliner Olympiastadions, die diesjährige Serie „Für den Sport“ vorgestellt. Das Besondere in diesem Jahr: Die Motive wurden von ehemaligen Weltklasseathleten und erfolgreichen Olympioniken gestaltet. Für alle Drei war es ein großer Moment, dass sie „ihre“ Briefmarken-Gemälde im legendären Berliner Olympiastadion präsentieren durften. 

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Das Gemälde „courage“ von Tennis-Legende Michael Stich, der 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona gemeinsam mit Boris Becker die Goldmedaille im Doppel gewonnen hatte, zeigt in abstrakter Weise die Farben der olympischen Ringe.

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„In meinem Werk habe ich versucht, die Energie, die die Olympischen Spiele vermitteln, das Vereinte und das Welt- und Sportlervereinende umzusetzen“, so Stich. „Ich empfinde es als große Ehre, die Briefmarke zum Thema der Olympischen und Paralympischen Spiele zu gestalten. Sie soll sowohl meine emotionale Verbindung zu Paris und zu den Spielen versinnbildlichen als auch den Geist Olympias darstellen.”

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Josephine Henning, Fußball-Olympiasiegerin 2016 in Rio de Janeiro, widmet sich mit ihrem Gemälde den „Olympischen Gefühlen“. Den Titel „Faszination der Spiele“ interpretiert sie als ein Mega-Gefühl, das sie nicht in Worte fassen kann. „Ich muss es wahrnehmen, genießen, mich tragen lassen von der Welle und der Euphorie“, sagte Henning. Ein zentrales und emotional aufgeladenes Element, dem sich „Josi“ in ihrem Werk bedient, ist eine bunte Patchwork-Decke, die sie mit Rio 2016 assoziiert. Ein Auszug aus ihrer Gedankenwelt beim Malen des Bildes: „Ich denke an Samia Yusuf Omar. An Kulturen. An Rio 2016. An Sportlerinnen und Sportler, die damals die Decken nach Hause mitgenommen haben. An die, die keine Decken haben.“

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Die ehemalige Eishockeyspielerin Maren Valenti – unter anderem bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City am Start – stellt Paris, den Austragungsort der diesjährigen Olympischen und Paralympischen Spiele, in den Mittelpunkt ihres Briefmarken-Motivs.  „Die ‚Faszination der Spiele‘ ist für mich Freude und Geschenk. Die Spiele stellen den Sport und Spaß mit allen Menschen in den Vordergrund und zeigen, warum wir Sport machen und lieben“, sagte die 164-fache frühere Nationalspielerin. „Ich fände es schön, wenn beim Betrachten der Briefmarke ein Lachen und ein Wohlfühleffekt empfunden wird.“

Alle drei Athleten waren an diesem Tag gefragte Gesprächspartner, die gern ihre Kunstwerke signierten.

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Auch die Deutsche Post hat sich diesmal bei der Präsentation ganz besonders ins Zeug gelegt. Die drei außergewöhnlichen Briefmarken (Auflage von jeweils einer Million Stück) wurden in einer extra errichteten kleinen Postfiliale angeboten. Und dazu gab es noch gratis einen zusätzlichen Sonderstempel. 

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Mit der Briefmarkenserie „Für den Sport“ unterstützt das Bundesfinanzministerium die Deutsche Sporthilfe seit 1968. In dieser Zeit wurden rund 140 Millionen Euro für die Unterstützung des Nachwuchs-und Spitzensports zusätzlich bereitgestellt.

(Autor: KJA ; Quelle: Sporthilfe; Fotos: Autor und André Carré für Sporthilfe)

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Das war diesmal eine angenehme Überraschung, als das Aussehen der Briefmarken endlich bekannt wurde. Bundesfinanzministerium und Stiftung Deutsche Sporthilfe hatten für die diesjährige Briefmarken-Serie „Für den Sport“ eine originelle Idee, die sicher nicht nur die Sportmotivsammler, sondern auch die Freunde der Kunstmotive und Maler interessieren dürfte. 

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Anlässlich der Olympischen Sommerspiele, die vom 26. Juli bis zum 11. August 2024 in Paris stattfinden, werden am 2. Mai drei ganz besondere Briefmarken herausgegeben: Sie zeigen Werke von einem ehemaligen Sportler und zwei früheren Sportlerinnen, die an Olympischen Spielen teilgenommen haben und heute als Künstler bzw. Künstlerinnen tätig sind.

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Michael Stich (geb. 1968) gehört zu den erfolgreichsten deutschen Tennisspielern. 1992 nahm er an den Olympischen Sommerspielen in Barcelona teil und gewann im Doppel, zusammen mit seinem Spielpartner Boris Becker, die Goldmedaille. Als Einzelspieler siegte er in 18 Turnieren, darunter in Wimbledon und bei der ATP-Weltmeisterschaft. Michael Stich, der seine Profikarriere 1997 beendet hat, malt seit über zwanzig Jahren und hat seine Werke schon in mehreren Ausstellungen präsentiert. Stich widmet sich der abstrakten Kunst und der Verwendung von Japanpapier. 

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Das Sonderpostwertzeichen zeigt daher auch sein abstraktes Gemälde „courage“, in dem die Farben der olympischen Ringe zu erkennen sind.

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Die ehemalige Fußballspielerin Josephine Henning (geb. 1989) wurde viermal deutsche Meisterin, viermal Gewinnerin der Champions League mit drei verschiedenen Vereinen, einmal Europameisterin und hatte in der deutschen Nationalmannschaft einen festen Platz. Sie bestritt 42 Länderspiele. 2016 war sie als Athletin bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro und gewann mit der deutschen Nationalmannschaft die Goldmedaille.

Josephine Henning ist seit 2018 als freischaffende Künstlerin tätig. Viele ihrer Werke kreisen um den Sport. Henning war nie nur Fußballerin. Das war ihr zu wenig. Sie hatte immer und überall auch einen Bleistift und einen Malblock dabei, um ihre Gefühle, ihre Gedanken, ihre Ideen jederzeit auf Papier bringen zu können. Während ihrer Zeit als Sportlerin konnte sie ihre Leidenschaft für die Kunst noch nicht so ausleben, wie sie es gerne gemacht hätte. Jetzt ist das anders.

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Dies spürt man auch beim Gemälde „Olympische Gefühle“, das auf dem Sonderpostwertzeichen abgebildet ist. 

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Maren Valenti (geb. 1976) gilt als beste deutsche Eishockeyspielerin aller Zeiten. Sie absolvierte 168 Länderspiele und reiste 2002 als Mitglied der Frauen-Nationalmannschaft zu den Olympischen Winterspielen nach Salt Lake City.. Deutschland wurde Sechster.  Schon als 13jährige nahm sie mit der A-Nationalmannschaft an einer WM teil und ist damit bis heute die jüngste WM-Starterin in ihrer Sportart. 1998 trainierte Valenti vier Wochen bei den Eisbären Berlin und hatte als erste Frau sogar einen Kurzeinsatz bei einem DEL-Männerspiel im deutschen Eishockey. Seit dem Ende ihrer Sportkarriere im Jahr 2006 trainiert sie den Eishockey-Nachwuchs der Löwen Frankfurt und widmet sie sich der Pop-Art-Kunst. 

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Ihr buntes Gemälde „Paris 2024“ weckt mit den vielen fröhlichen Zuschauerinnen und Zuschauern Vorfreude auf die Olympischen Sommerspiele.

Die Gestaltung der drei Postwertzeichen und der Ersttagsstempel besorgte der Bonner Designer Jan-Niklas Kröger, der mit seiner Kunst immer neue Zielgruppen für das Thema Briefmarken begeistern möchte, wie er in einem BILD-Interview unlängst verriet. Über 40 Briefmarken hat er schon mit seinem Team in den vergangenen 12 Jahren kreiert, u.a. die Polarlicht-Marke 2022 oder die Sondermarken zum „Tatort“ und zur „Sendung mit der Maus“.

(Autor: KJA)

(Quellen: Bundesfinanzministerium, NDR, DFB)

Ein Sieg für die deutsche Einheit – WM-Torschütze Andy Brehme gestorben

1990 war ein besonderes Jahr für Deutschland. Die Euphorie des Mauerfalls trug auch die Nationalmannschaft, die diesmal furios in die WM in Italien mit einem 4:1 gegen Jugoslawien gestartet war. Im Achtelfinale gab es ein 2 zu 1 gegen die Niederlande, im Halbfinale gegen England einen Sieg im Elfmeterschießen. 

Im Finale in Rom ging es gegen Maradona und Argentinien. Deutschland war überlegen – wurde aber erst in der 85. Minute belohnt: Lothar Matthäus schickt Rudi Völler in den Strafraum. Néstor Sensini führt einen harten Zweikampf, bei dem Völler fällt. Welche Entscheidung trifft Schiedsrichter Méndez? O-Ton Gerd Rubenbauer im Fernsehkommentar der ARD: „Was gibt er? – Er gibt Elfmeter!“ 

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Andreas Brehme verwandelte eiskalt. 1 zu 0 – Deutschland war zum dritten Mal Weltmeister. Und Gerd Rubenbauer resümierte: „Der Kaiser hat die Krone, die deutsche Mannschaft den Pokal, und wir hatten Spaß an diesem deutschen Team.“ 

Nun ist WM-Torschütze Andreas Brehme in der Nacht zum 20.Februar 2024 überraschend im Alter von 63 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Die Fußball-Welt trauert um ihn.

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Auch diese Sportbriefmarken werden immer an den größten Triumph des 86fachen Nationalspielers erinnern, über den der erst kürzlich verstorbene damalige Teamchef „Kaiser“ Franz Beckenbauer einmal gesagt hatte: „Der Andy ist der perfekteste Fußballer, den wir haben.“

(Autor: KJA)

Pariser „Mützen-Maskottchen“ jetzt auch auf Olympia-Briefmarken

Auf den ersten Blick waren sie ziemlich verwirrend. Inzwischen hat sich die Sportwelt an die Maskottchen der Olympischen und Paralympischen Spiele in diesem Jahr in Paris wohl gewöhnt. Jetzt gibt es die „Phryge“ auch auf Briefmarken. Vier Motive zu den Sportarten Judo, Radsport, Rollstuhlbasketball und Para-Badminton hat die französische Post aufgelegt. Weitere werden sicherlich folgen!

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Die beiden Bögen mit den vier Marken stehen jeweils unter dem Motto „Stolz, ein  offizieller Unterstützer für Paris 2024 zu sein“ sowie „Auf dem Weg nach Paris 2024“.

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Der Name der Maskottchen ist an die traditionellen kleinen phrygischen Mützen angelehnt, denen die Maskottchen nachempfunden sind. Name und Design sollen zum einen die Freiheit symbolisieren und zum anderen an Marianne, die Nationalfigur Frankreichs erinnern. Denn phrygische Mützen sind auf dem Kopf der ikonischen Figur der Marianne in jedem Rathaus zu sehen und werden in Frankreich seit jeher auch auf Münzen und Briefmarken abgebildet. 

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Historische und moderne „Marianne“ auf französischen Briefmarken aus den Jahren 1924 und 2024 – natürlich mit Phryge. 

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Die Mütze ist auch ein internationales Freiheitssymbol, das schon zu Zeiten der Römer von befreiten Sklaven getragen wurde und auf verschiedenen Emblemen in Nord- und Südamerika zu sehen ist. Die „Freiheitsmütze“ ist zu einem der Symbole der Französischen Republik geworden.

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Das Motto von olympischer Phryge und paralympischer Phryge mit Beinprothese lautet: „Allein ist man zwar schneller, gemeinsam kommt man aber weiter“.

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Die Phryge sind in den Farben Blau, Weiß und Rot gehalten – den Farben der berühmten französischen Tricolore – und tragen das goldene Logo von Paris 2024 auf der Brust.

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(Autor: KJA)

Olympisches Jahrhundertjubiläum bereits im Januar – Warum Paris und Chamonix zusammengehören

Das olympische Jahr 2024 in Frankreich beginnt eigentlich am 24. Januar. Denn vor genau 100 Jahren schlug in Chamonix im Stade Olympique um 14:30 Uhr mit der Eröffnungsfeier vor 287 Zuschauern die Geburtsstunde der Olympischen Winterspiele. Die als Anhängsel zu den Pariser Sommerspielen veranstaltete Wintersportwoche in den französischen Alpen wurde vom Internationalen Olympischen Komitee zwei Jahre später am 6. Mai 1926 auf seiner 26. Session nachträglich als „I. Olympische Winterspiele“ offiziell anerkannt. Zuvor waren Wettbewerbe im Eiskunstlauf und im Eishockey immer im Rahmen der jeweiligen Sommerspiele ausgetragen worden. 

Die Internationale Wintersportwoche in Chamonix erstreckte sich vom 25. Januar bis 5. Februar 1924. Insgesamt gab es 16 Entscheidungen in 14 Disziplinen der fünf Sportarten Bob, Eiskunstlauf, Eisschnelllauf, Nordischer Skisport und Eishockey. Am Start waren 13 Frauen und 281 Männer aus 16 Ländern. Am erfolgreichsten schnitten die Norweger (4/7/6) ab. Österreich wurde hinter Finnland drittbeste Nation – dank seiner überragenden Eiskunstläufer, die mit zwei Siegen und einem zweiten Platz glänzten. 

Extrabriefmarken für die Wettkämpfe 1924 in Chamonix gab es damals noch nicht. Für sportphilatelistische Erinnerungen sorgt aber nun 100 Jahre später der österreichische Motivsammlerverein Olympische Spiele und Sport (MOSA), der anlässlich des traditionellen Philatelietages am 25.01.2024 in Wien mit personalisierter Marke und Sonderstempel sowie einem personalisierten Block des historischen Jubiläums gedenkt.

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Bereits zum 50. Jahrestag der Olympischen Winterspiele in Chamonix am 24. Januar 1974 hatten die österreichischen Philatelisten mit einem Sonderstempel an das Ereignis erinnert. 

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Die diesjährige Philatelietagsmarke und der Sonderstempel zeigen die offizielle Medaille von damals. 

Auf der Vorderseite ist ein Wintersportler zu sehen, der in der rechten Hand ein Paar Schlittschuhe und in der linken Hand ein Paar Skier hält. Im Hintergrund sind die Alpen abgebildet. 

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Auf der Rückseite der Medaille ist eine 14-zeilige Aufschrift zu lesen: „Chamonix Mont-Blanc Wintersport 25. Januar – 5. Februar 1924, organisiert vom Französischen Olympischen Komitee unter der hohen Schirmherrschaft des Internationalen Olympischen Komitees anlässlich der Feier der VIII Olympiade“. Entworfen wurde die Medaille mit einem Durchmesser von 55 mm nach Ausschreibung von Graveur Raoul Bénard. Die 2000 Exemplare wurden von der Pariser Münzanstalt hergestellt. 

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Der aktuelle Briefmarkenblockblock zeigt die ersten österreichischen Goldmedaillengewinnerinnen und -gewinner der Spiele von Chamonix im Eiskunstlaufen Herma Szabó sowie Helena Engelmann und Alfred Berger. Hinter den Drei verbirgt sich eine interessante Familiengeschichte.

Herma Szabo wurde am 22.Februar 1902 in Wien in eine Familie großer Eiskunstlauftradition geboren. Ihre Mutter, Christa von Szabó, die 1913 und 1914 bei den Eiskunstlauf Weltmeisterschaften mit Leo Horwitz Bronze gewonnen hatte, war eine Schwester des Wiener Eislaufpionieres Eduard Engelmann jr., Europameister im Einzel von 1892 bis 1894 und Erbauer der ersten Kunsteisbahn der Welt. 

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Eduard Engelmann jr. schaffte es schon 2009 auf eine personalisierte österreichische Briefmarke, die zu Ehren des Wieners und zum 100jährigen Bestehen seiner ersten Freiluft-Kunsteisbahn der Welt auf den Markt gebracht worden war.

Als studierter Ingenieur hatte Engelmann jr. 1909 eine Kunsteisbahn auf dem Areal erbaut, das sein Vater, der Wachstuchfabrikant Eduard Engelmann, bereits 1868/1871 als Eislaufplatz in Wien-Hernals angelegt hatte. Die Engelmannsche Kunsteisbahn wurde in den Jahren weiter ausgebaut 1932 umfasste die Eisfläche 3000 m². 1936 entstand eine Eistrainingshalle im Ausmaß von 17 mal 32 Metern. Kurz nach dem Tod von Eduard wurde die Engelmannsche Kunsteisbahn bei Bombenangriffen vollständig zerstört. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut und 1946 wiedereröffnet. Heute steht auf dem Gelände ein Supermarkt, auf dessen Dach gibt es seit 1974 wieder eine Eislaufbahn, die bei den Wienern sehr beliebt ist.

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Herma Szabó wuchs schon als Kind mit Schlittschuhen auf, trainierte auf dem Eisring ihres Onkels in Wien zusammen mit ihren Cousinen Helene Engelmann, der späteren Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Paarlauf und Christine Engelmann, der späteren Ehefrau des mehrfachen Olympiasiegers und Weltmeisters Karl Schäfer.

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1922 gewann sie erstmalig den WM-Titel im Eiskunstlauf und schaffte in jenem Jahr auch noch den WM-Titel im Paarlauf gemeinsam mit Ludwig Wrede. Insgesamt wurde sie fünfmal Weltmeisterin im Einzel und zweimal im Paarlauf. Herma Szabó war die erste Frau, die nicht mit langem Rock oder Kleid auf dem Eis antrat. Sie gilt als Erfinderin des noch heute üblichen kurzen Eiskunstlaufkleides der Frauen und der Sitzpirouette.

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Während der Wintersportwoche 1924 in Chamonix führte sie bereits nach der Pflicht souverän, zeigte als Erste den Axel und gewann mit einer begeisternden Kür den Wettbewerb. Sie holte damit am 29.01.1924 die erste Goldmedaille für Österreich in der Geschichte der olympischen Winterspiele. Ihre Karriere beendete sie nach der WM 1927 in Oslo, bei der sie hinter dem neuen norwegischen Eislaufstern Sonja Henie nur Zweite geworden war, nachdem sie nach der Pflicht noch deutlich geführt hatte. Das Resultat war umstritten, da drei der fünf Kampfrichter aus Norwegen kamen. Zudem zerbrach ihr Schlittschuh, der zuvor angeblich vom Henie-Clan angesägt worden sein soll. Die nach der Niederlage völlig desillusionierte Szabó lief nie wieder. Henie bot ihr zwar später eine Neuauflage des Duells an, doch sie lehnte ab. Nach ihrem Rücktritt begann Herma Szabó mit einer neuen Sportkarriere. Sie wurde im Schwimmen österreichische Meisterin über 100 Meter Freistil und feierte im Winter als Mitglied der FIS-Mannschaft ihres Landes im Alpinen Ski-Rennsport noch große Erfolge.

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Helena Engelmann und Alfred Berger, die auf der zweiten Briefmarke zu sehen sind, hatten zwischen 1913 und 1924 dreimal die WM im Paarlauf gewonnen. Die Spiele in Chamonix waren für sie der Abschluss einer glänzenden Karriere. Wieder kam es, wie schon so oft zuvor, zu einem Duell mit dem finnischen Paar Jacobsson, das diesmal die Österreicher aber deutlich durch ihre international erstmals gezeigten Hebefiguren für sich entscheiden konnten. 

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Auf der dritten Marke ist das offizielle Plakat der Spiele abgebildet, von dem rund 5000 Exemplare gedruckt worden waren. Darauf schwebt ein Adler vor einer winterlichen Alpenlandschaft über einer Bobbahn. In seinen Krallen hält er einen Palmenzweig und eine Siegeskrone, zusammengebunden mit einem Band in den Farben der französischen Flagge.

Die Eisenbahngesellschaft Paris Lyon Méditerranée (PLM), die sich mit einem Beitrag von 20.000 Franc an der Finanzierung der olympischen Bauten in Paris beteiligt hatte, gab anlässlich der Winterspiele in Chamonix eine Reihe von Plakaten heraus.

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Der Entwurf von Auguste Matisse, der einen direkten Bezug zu den „Wettkämpfen der VIII. Olympiade“ herstellte, wurde das offizielle Plakat der Winterwoche, auf dem ganz oben auch der Name der Eisenbahngesellschaft PLM prangte. PLM ist damit vermutlich der erste Sponsor von Olympischen Winterspielen, der aktiv mit dem Ereignis für sich geworben hat. Die private Eisenbahngesellschaft bediente vor allem den touristischen Verkehr in den Südosten Frankreichs – inklusive vieler attraktiver Skigebiete.

(Autor: KJA)

(Quellen: MOSA, V.Kluge: Olymp.Winterspiele – Chronik, Wikipedia)

Philatelistische Weihnachtsüberraschung – Spanische Post gratuliert Fußball-Weltmeisterinnen

Das haben sie sich wirklich verdient. Die spanischen Fußball-Frauen bekamen kurz vor Weihnachten noch ein schönes Geschenk von der heimatlichen Post. Am 19. Dezember 2023 überraschte Correos mit einem Block, der an den ersten WM-Titelgewinn eines spanischen Frauenteams erinnert. Und diese Erinnerungen haben es in sich – Geschichten, die man sich noch in Jahren erzählen wird! Schließlich ging es in den vergangenen Monaten nicht nur um Fußball, sondern auch um eine „Kuss-Affäre“ bei der WM-Siegerehrung in Australien. 

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Für sogenannte Nebengeräusche hatten die spanischen Fußball-Frauen schon nach der Europameisterschaft 2022 gesorgt. Nach dem Scheitern in der ersten K.-o.-Runde überwarfen sich mehrere Spielerinnen mit Trainer Jorge Vilda und dem spanischen Verband. Trotz anhaltender Kritik reagierte der Verband nicht, woraufhin 15 Spielerinnen darum baten, nicht mehr einberufen zu werden. Vilda wurde in den Medien Respektlosigkeit, Übergriffigkeit und Sturheit vorgeworfen. Er habe Spielerinnen zu stark kontrolliert und etwa verboten, ihre Zimmertüren abzuschließen. Der spanische Verband bestritt diese Vorwürfe und auch die 15 Spielerinnen erwähnten sie in ihrem offiziellen Communiqué nicht, vielmehr kritisierten sie die fehlende Professionalität des Verbandes. 

Im Vorfeld der WM-Endrunde 2023 in Australien und Neuseeland erklärten sich nur acht der 15 Spielerinnen dazu bereit wieder für die Nationalmannschaft aufzulaufen, während die restlichen Sieben an ihrem Verzicht, einberufen zu werden, festhielten. Trainer Vilda berief aber nur drei Fußballerinnen aus der Liste in den WM-Endrundenkader Spaniens. Und dieser Kader war am Ende sehr erfolgreich!

Spanien startete in die WM zunächst mit zwei deutlichen Siegen gegen Costa Rica und Sambia, musste jedoch im letzten Spiel der Gruppenphase gegen Japan eine klare 0:4-Niederlage hinnehmen. Im Achtelfinale trafen die Ibererinnen im Anschluss auf die Schweiz, gegen die ein 5:1 gelang. Dies war zugleich der erste Sieg der spanischen Frauen-Nationalmannschaft in der K.-o.-Phase einer Endrunde. Zuvor war man bei allen Teilnahmen an EM- oder WM-Turnieren spätestens in der ersten Finalrunde ausgeschieden. Im Viertelfinale trafen die Spanierinnen auf die Niederlande, dem WM-Finalisten von 2019. In einem spannenden Spiel gewannen die Ibererinnen in der Nachspielzeit mit 2:1 und zogen damit ins Halbfinale ein, wo Schweden 2:1 bezwungen wurde.  Endspielgegner wurde der amtierenden Europameister England. Bereits in der 29. Minute gelang durch die linke Außenverteidigerin Carmona der Führungstreffer. Diesen Vorsprung gaben die Spanierinnen bis zum Ende nicht mehr aus der Hand und gewannen somit zum ersten Mal die Frauenweltmeisterschaft. Darüber hinaus wurden Aitana Bonmatí zur besten Spielerin des Turniers, Salma Paralluelo zur besten jungen Spielerin und Olga Carmona zur Spielerin des WM-Finales ernannt. 

Überschattet wurde der Triumph allerdings von der „Kuss-Affäre“ von Verbandspräsident Luis Rubiales an Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung des Turniers. Dieser überschwängliche Kuss auf ihren Mund war laut Aussagen der Spielerin nicht einvernehmlich, was zu Protesten gegen und Rücktrittsforderungen an Rubiales führte. Am 10. September 2023 trat Rubiales von seinem Präsidentenamt zurück. Am 30. Oktober 2023 verhängte die FIFA eine dreijährige Sperre gegen ihn.

Indes konnte die Nationalmannschaft ihren sportlichen Aufstieg fortsetzen, in der erstmals ausgetragenen UEFA Nations League setzte sich Spanien in der Gruppe A4 durch und qualifizierte sich somit für die Endrunde des Wettbewerbs, in der sich die zwei besten Mannschaften neben Gastgeber Frankreich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris qualifizieren können.

Die Chancen auf einen weiteren spanischen Frauen-Fußball-Briefmarkenblock nach einem möglichen Olympiasieg in Paris sind also durchaus gegeben. Denn die spanische Post hat bisher immer auf die großartigen Erfolge der Fußballnationalmannschaften reagiert. So 2010, als Spaniens Männer nach einem 1:0 nach Verlängerung gegen die Niederlande zum ersten Mal in ihrer Geschichte Weltmeister geworden waren.

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Aber auch die EM-Titel 2008 und 2012 waren Correos philatelistische Erinnerungen wert. 2008 gewann Spanien das Finale gegen Deutschland 1:0 – 2012 wurde Italien 4:0 besiegt.

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Lediglich vom 2:1 Finalerfolg bei der EM 1964 gegen die UdSSR gab es keine spanische „Erinnerungsbriefmarke“.

(Autor: KJA; Quelle: Wikipedia)

„Eine Ehre jenseits meiner Vorstellungskraft“ – Kanadische Briefmarke feiert ersten schwarzen Spieler der NHL

Immerhin musste Willie O´Ree erst 88 Jahre alt werden, ehe die kanadische Post auf die Idee kam, ihn endlich mit einer Briefmarke zu würdigen. Schließlich waren seit 1956 bis heute schon 132 Marken mit Eishockeymotiven (Quelle: stampworld) herausgebracht worden. Viele davon zeigten exklusiv die weißen NHL-Stars. O´Ree ist nun der erste schwarze Eishockeyspieler des Landes, dem noch zu Lebzeiten am 28.Oktober 2023 diese Ehre auch zuteilwurde.

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Der Flügelstürmer bestritt zwischen 1958 und 1961 insgesamt 45 Partien für die Boston Bruins in der National Hockey League (NHL). Bei seinem Debüt am 18. Januar 1958 stand er als erster schwarzen Spieler in der NHL-Geschichte auf dem Eis. Im eishockeyverrückten Kanada galt O´Ree viele Jahre als Exot. Erst 1974 schaffte mit Mike Marson bei den Washington Capitals ein weiterer Schwarzer den Sprung in die Liga. 

Die ganz große NHL-Karriere blieb Willie O´Ree zwar versagt, immerhin spielte er aber bis zu seinem 43. Lebensjahr in verschiedensten nordamerikanischen Ligen. 2008 folgte die Aufnahme in den „Order of Canada“, wobei er für seine sportlichen Leistungen und seinen Beitrag zur interkulturellen Verständigung zum „Officer“ ernannte wurde. Seit 2018 ist er Mitglied in der Hockey Hall of Fame. Außerdem ist er einer von drei Botschaftern für die Aktion „Hockey is for everyone“, eine Initiative der NHL für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche.

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Die Ehrung jetzt mit einer eigenen Briefmarke hat Willie O`Ree tief bewegt. In der aktuellen Ausgabe des „Canada Post Magazine“ vom 28. Oktober 2023 schreibt er u.a. in einem bemerkenswerten persönlichen Artikel: 

„Jedes Kind hat Träume. Ich selbst träumte davon, ein professioneller Hockeyspieler zu werden. Und ich habe alles getan, was ich konnte, um es möglich zu machen. Von dem Moment an, als ich im Alter von drei Jahren anfing zu skaten, habe ich es geliebt. Innerhalb von zwei Jahren, im Alter von fünf Jahren, begann ich organisiertes Hockey zu spielen und war einfach besessen von dem Spiel. Ich habe unermüdlich daran gearbeitet, schließlich das höchste Niveau des Sports zu erreichen: die National Hockey League® (NHL®). Aber es gibt bestimmte Errungenschaften im Leben, von denen man nie zu träumen wagt – die jenseits des Bereichs der Vorstellungskraft liegen. Eine Briefmarke zu seiner Ehre zu bekommen, ist sicherlich eine davon. Ich bin unglaublich berührt von der Anerkennung, die ich erhalten habe, und dankbar, einen Unterschied im Leben so vieler Menschen gemacht zu haben.

Als ich 1958 der erste schwarze Spieler wurde, der in einem NHL-Spiel spielte, war es der Höhepunkt jahrelanger harter Arbeit. Was sich damals wie eine individuelle Leistung anfühlte, ist seitdem zu einem Moment der Inspiration geworden, der in den folgenden Jahren für unzählige junge Menschen Träume entfacht hat. … In den 1990er Jahren machte ich mich als Botschafter für ihr Diversity-Programm auf den Weg zurück in die NHL. Seitdem reise ich zu Schulen, Jungen- und Mädchenclubs und vielen anderen Orten in ganz Nordamerika und erzähle meine Geschichte. Ich bringe Kindern jeden Alters den Wert harter Arbeit bei und ermutige sie, wenn sie entschlossen und bereit sind, die Arbeit zu leisten, können auch ihre Träume wahr werden. Du bekommst nur aus dem Leben das, was du hineingesteckt hast“, lehre ich sie. Ich erzähle ihnen von meiner Augenverletzung, die mich auf einem Auge blind machte, bevor ich die NHL erreichte, und wie ich mich davon nicht entmutigen ließ.

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Konzentriere dich nicht auf das, was du nicht sehen kannst“, sagte ich mir damals. Konzentrier dich auf das, was du sehen kannst.

…Ich bin so dankbar, dass mein Vermächtnis mit dieser neuen Briefmarke weiter gehen wird. Als ich den Anruf von der Canada Post erhielt, war ich sprachlos. An fünf Tagen in der Woche treffe ich mich morgens mit einer Gruppe von Freunden. Wir trinken Kaffee und holen uns gegenseitig in unserem Leben ein. Als ich ihnen von der Briefmarke erzählte, konnten sie es auch nicht glauben. Da hast du den Orden von Kanada, eine Münze von der [Royal Canadian] Mint und jetzt noch eine eigene Briefmarke!? 

…Ich habe es genossen, an der Erstellung der Briefmarke beteiligt zu sein. Meine Frau, meine Tochter und ich haben uns verschiedene Fotos und Designoptionen angesehen, bevor wir bei der Auswahl der Marke geholfen haben. Der ganze Prozess war ein Nervenkitzel für uns alle. Es ist schwer zu glauben, dass ich nun meine eigene Briefmarke habe. Als ich anfing zu spielen, konnte ich mir nicht vorstellen, dass eines dieser Dinge möglich sein könnte. Ich wollte nur der beste Hockeyspieler sein, der ich sein könnte.

Schau dir an, wohin mich das geführt hat.“

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(Autor: KJA)

(Quellen: Canada Post; Hinweis: NHL, das NHL Shield und das Wortzeichen des Stanley Cup sind eingetragene Marken der National Hockey League. NHL- und NHL-Teammarken sind Eigentum der NHL und ihrer Teams. © NHL 2023.)

100 Jahre Rundfunk in Deutschland – Wie der Sport ins Radio kam

Als am 22. Dezember 1920 das „Hallo, hallo, hier ist Königs Wusterhausen auf Welle 2700…“ aus dem Äther schallte, ahnte wohl noch kaum jemand, welchen Siegeszug das neue Medium antreten würde. Als Ergebnis einer Versuchsreihe in der Hauptfunkstelle der deutschen Reichspost auf dem Funkerberg zur Übertragung von Sprache und Musik wurde erstmalig in Deutschland ein Weihnachtskonzert live übertragen. Postbeamte musizierten, sangen und rezitierten. Dies war die Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland. Drei Jahre nach den USA, am 29. Oktober 1923, startete in einer kleinen Dachkammer im Berliner Vox-Haus in der Potsdamer Straße 4 mit der „Deutschen Stunde“ das offizielle Radiozeitalter in Deutschland. Diesem Ereignis widmete die Deutsche Post am 5. Oktober 2023 eine 275-Cent-Briefmarke nebst zwei Sonderstempeln.

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Es geschah an jenem 29.Oktober 1923: … „Drei Minuten vor acht Uhr! Alles versammelt sich im Senderaum. Erwartungsvoll beobachtet man das Vorrücken des Zeigers der Uhr … Acht Uhr! Alles schweigt. In das Mikrophon ertönen nun die Worte: Achtung! Hier Sendestelle Berlin Vox-Haus Welle 400. Wir bringen die kurze Mitteilung, daß die Berliner Sendestelle Vox-Haus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt.“  

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Dann seien, so berichtete die ›BZ am Mittag‹ tags darauf weiter, „die gebenden Künstler“ vorgestellt worden, und das erste Cello-Solo, das Andantino von Kreisler, habe das einstündige Eröffnungskonzert eingeleitet. Und zum Schluss ertönte von einer Vox-Platte „Deutschland, Deutschland über alles“, gespielt von der Reichswehrkapelle. Angesagt, heute würde man von anmoderieren sprechen, wurde diese Radio-Premiere von Friedrich Georg Knöpfke, dem geschäftsführenden Direktor der Vox-Schallplatten- und Sprechmaschinen-AG. Obwohl das Radiohören gebührenpflichtig war, hatte die „Funk-Stunde“ bereits ein halbes Jahr später 100.000 Hörer und existierte bis zur Umwandlung in den „Reichssender Berlin“ 1934.

Stamps_of_Germany_(Berlin)_1973,_MiNr_456Entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Hörfunks hatte der gelernte Elektrotechniker und studierte Ingenieur Hans Bredow. Seit Anfang des Jahrhunderts hat er sich mit Unternehmergeist und Erfindungsreichtum am weltweiten Ausbau des Telegrafenwesens beteiligt. Seit 1921 war er Staatssekretär im Reichspostministerium. Bredow prägte als erster den Begriff Rundfunk und erteilte die Genehmigung für die „Funkstunde“, die damit das erste regelmäßige Radioprogramm in Deutschland wird. Die Deutsche Bundespost Berlin würdigte anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums des deutschen Rundfunks 1973 Hans Bredow und die „Funkstunde“ mit einer Briefmarke im Rahmen eines Gedenkblocks.

a09e7b4b_hAls Rundfunk-Sportjournalist interessiert mich natürlich ganz besonders, wie der Sport damals ins Radio kam. Meine Recherche begann mit einem Zufallsfund. Es handelte sich um den Durchschlag eines sechsseitigen Manuskripts von Hans Borowik aus Droyßig bei Zeitz vom 20. Februar 1958, das er damals der Sportredaktion des DDR-Rundfunks zugesandt hatte. Überschrift: „Napoleon erobert das Radio! – unbekannte Dinge über die Anfänge des Sportfunks“. Dank dieses Manuskriptes von Hans Borowik wissen wir nun ziemlich genau, wie alles einst begann – zumindest etwas anders als in der historischen Literatur bisher dargestellt.

So wurden am 20. April 1924, einem Ostersonntag, aus dem Vox-Haus auf Welle 400 die ersten Sportnachrichten im deutschen Radio gesendet. Und erster Sprecher dieser Neuigkeiten war damals Hans Borowik. Über den Inhalt der Nachrichten kann man nur spekulieren, da es keine Aufzeichnungen mehr darüber gibt. Aber vielleicht hat neben Ergebnissen von den Pferderennen in Karlshorst und Mariendorf auch der Fußball eine Rolle gespielt. Hertha BSC gewann an jenem Sonntag gegen Waldhof -Mannheim mit 4:2. Und am Ostermontag sollte das 47. Länderspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen die Niederlande in Amsterdam stattfinden. (Das Spiel endete übrigens 0:1; für Deutschland war es der erste Sieg gegen die „Holländer“ im siebenten Aufeinandertreffen) ….

Wer mehr dazu lesen möchte, vor allem über die damals handelnden Personen, den verweise ich auf folgenden Link, unter dem meine ausführlichen Recherchen über die Anfänge des Sportfunks vor fast 100 Jahren zu finden sind.

Auszug: Wie der Sport ins Radio kam

Sportphilatelistisch gesehen ist vor allem die Radio-Gymnastik interessant, die bereits 1922 in den USA „erfunden“ worden war und danach überall in den weltweit sich gründenden Rundfunkstationen ihren festen Platz fand – bis heute!

„Wenn es nüscht kostet…“ – Ein Jahrhundert Frühsport im Radio

Am 5. September 1922 erfand der US-Radiosender „KDKA Pittsburgh/Pennsylvania“ die tägliche Rundfunkgymnastik. Knapp zwei Jahre zuvor hatte der Sender als weltweit erste kommerzielle Radiostation seinen Betrieb aufgenommen. Bis dahin wurden im US-Radio meist nur in den Abendstunden längere Gesundheits-und Bewegungsvorträge ausgestrahlt. Von nun an konnten die Zuhörer ihren Tag mit „richtiger“ Bewegung beginnen. Auf dem Programm standen drei 20-minütige gymnastische Einheiten, die wochentags zwischen 7 und 8 Uhr ausgestrahlt wurden. Moderator war Arthur Earl Baird vom Caines College of Physical Culture. Während des Programms gab Baird auch Tipps zu Ernährung, persönlicher Hygiene sowie Freizeitmöglichkeiten und ermutigte gleichzeitig seine Zuhörer, weiterhin jeden Morgen das Radio einzuschalten, auch wenn sie vielleicht mal keine Lust auf Bewegung hatten.  Wenn Nachahmung die aufrichtigste Form der Schmeichelei ist, dann inspirierte Mr. Bairds tägliches Programm bald andere ähnliche Radiostationen in den USA – natürlich auch mit dem Versprechen, dass sich die Teilnehmer nach den Mit-Mach-Übungen viel gesünder fühlen würden. In Deutschland startete die Funkstunde Berlin am 3. August 1925, und damit erst 22 Monate nach ihrer Radio-Premiere im VOX-Haus, mit den „Leibesübungen nach Kommandos mit Musikbegleitung“, wie es offiziell hieß. In den Pausen des Frühkonzertes zwischen 6.30 und 6.50 Uhr wurden in wenigen Worten einfache Übungen zum Mitmachen erklärt.

Bildschirmfoto 2023-10-10 um 15.33.36„Erfinder“ dieses Mitmachradios war Reporter Alfred Braun (links im Bild), der sowohl staatstragend als auch launig sein konnte.

AK-Alfred-Braun-vor-dem-Mikrophon-Portrait-des-Rundfunkpioniers 3 „Als ich an einem Morgen im Redaktionsbüro erschien und sagte, ich möchte im Sommer Gymnastik durchs Mikrofon mit den Hörern treiben – machte man ein sehr bedenkliches Gesicht – und schließlich sagte man mir: Ja, mein lieber Gott, wenn es nüscht kostet, wenn Sie wollen, bitte.“

Theo Mackeben Foto Peter Wolf 2:36 auf YouTubeAm Klavier saß für zehn Mark pro Tag Theo Mackeben, der später als Dirigent und Komponist vieler bekannter Schlager und Filmmusiken berühmt wurde. Braun erinnerte sich Jahre danach in einem Interview: „Und das war ein solcher Erfolg – ich wusste von Gymnastik nüscht mehr als was ich von der Schule her wusste oder von irgendeinem Kursus – und die Presse nahm gleich sehr lebhaft Notiz davon, weil es ersichtlich war, dass das Publikum sehr darauf ansprach. Und die Presse schickte dann Reporter zu mir ins Studio und war sehr erstaunt, dass ich in einem Clubsessel gemütlich bei einer Tasse Kaffee vor meinem tiefgestellten Mikrofon saß und meine Kommandos gab, während ich die armen geplagten Hörer veranlasste, auf dem Rücken zu liegen und Radfahrbewegungen zu machen.“ Später kamen auch noch „Vorturner“ ins Studio.

Bildschirmfoto 2022-02-13 um 18.43.36Auch andere deutsche Rundfunksender Sender folgten dem Berliner Beispiel.

radiozeitung3-100~_v-img__16__9__xl_-d31c35f8186ebeb80b0cd843a7c267a0e0c81647Gymnastiklehrerin Dr. Hansi Rosenberger und Prof. Dr. Eugen Matthias, Leiter der täglichen Morgengymnastik, auf einer Abbildung in der Bayerischen Radio-Zeitung. Zweimal die Woche ermöglichten die Rundfunk-Turnstunden den Hausfrauen ohne Zeitverlust und Kosten, nützliche Körperkultur zu treiben. Die Funkgymnastik wurde zu einem festen Programmbestandteil – bis heute, wie wir durch etliche „Neuauflagen“ in den Sendern während der Corona-Pandemie erlebt haben. Dabei litt die Funkgymnastik in ihren Anfängen noch unter einem großen technischen Problem. Die meisten Rundfunkteilnehmer besaßen oft nur einfache Apparate mit Kopfhörer, die zu Einschränkungen der Bewegungsfreiheit führten. Deshalb gab es auch schon ab 1926 die nötige Literatur zur Gymnastik.

325ae083383cb6420c881e4cb675ab9cbAuch im DDR-Rundfunk spielte die Frühgymnastik von Anfang an eine bedeutende Rolle. Die Leipzigerin Marianne Kösser (23.11.1905 – 13.07.1999), eine ausgebildete Turn- und Hochschullehrerin, war schon Ende der 40iger Jahre am Sender Leipzig des Mitteldeutschen Rundfunks mit ihrer geschulten und wohlklingenden Stimme eine Institution in Sachen „Frühgymnastik nach Musik“. 1953 wurde sie die verantwortliche Leiterin dieser Sendung, die auf Grund vieler Hörerwünsche im Januar 1955 durch das Staatlichen Rundfunkkomitee auch für die Berliner Sender übernommen wurde.

Marianne-Kösser+Gymnastik-für-die-FrauDie dazu gehörende Broschüre „Gymnastik für die Frau“ gab es bis 1968 in elf Auflagen. Die Sendungen, die damals unter Betreuung der Berliner Sportredaktion im Foyer des Leipziger Funkhauses in der Springerstraße gemeinsam mit Marianne Kösser und „mitturnenden“ Technikerinnen aufgenommen wurden, richteten sich vor allem an werktätige Frauen, die nicht sportlich organisiert waren. Gleichzeitig waren die Übungen für jeweils 15 Tage anwendungsbereit gegliedert, so dass sie auch von anderen Übungsleitern genutzt werden konnten. Nachfolgerin von Marianne Kösser als „Frühgymnastin“ im Radio wurde Brigitte Römer. 1981 schaffte sie es sogar mit Hilfe von FFdabei-Fotograf Volker Hedemann, fast die gesamte Radio DDR- Sportredaktion zum Mitmachen auf der Funkhaus-Wiese zu animieren – ein Riesenspaß, wie in der Funk-und Fernsehzeitung von damals nachzulesen ist.

2022-06-06 12-18 Seite 1„Rumpf beugt – nach links – nach rechts…“, jene, die sonst immer im Radio nur über den Sport sprechen, waren nun selbst auch mal aktiv – zumindest für die Leser der populären und trotz Millionenauflage in der DDR immer ausverkauften FFdabei! Es ging vor allem um Werbung für die Frühgymnastik mit neuen Übungselementen, die in jener Woche zwischen Montag und Freitag jeweils um 4.55 und 5.55 Uhr im Programm von Radio DDR I ausgestrahlt wurde. Gemeinsam mit dem Leipziger Pianisten Günter Oppenheimer waren 75 Tonbänder produziert worden. Diplomsportlehrerin Brigitte Römer, die seit Jahren bei den Hörerinnen und Hörern sehr beliebt war, hatte bei der Neuproduktion vor allem darauf geachtet, dass weder die Nachbarn noch die Wohnungseinrichtung Schaden nehmen dürfen. Deshalb wurde bei den rund 400 neuen Übungen weder gehüpft noch gesprungen und es wurde auf ausholende Bewegungen verzichtet.

China VR - Radio - GymnastikIn China hat es die Radio-Gymnastik sogar auf eine Flut von Sonderbriefmarken geschafft. Weltweit waren dies die ersten Sportbriefmarken, die diesem speziellen Thema gewidmet worden sind.

s-l1600Am 10. Juni 1952 hatte die chinesische Post zehn Viererblocks mit Abbildungen von Übungen veröffentlicht, die in der täglichen Radio-Gymnastik verbreitet wurden. Es waren drei Jahre nach Gründung der Volksrepublik damit auch die ersten chinesischen Briefmarken mit Sportmotiven! In der ersten Auflage wurden die vierzig Marken auf sehr feinem Transparentpapier gedruckt. Der Nachdruck erfolgte dann auf dickerem glatten Papier in leicht veränderten Farben. Die Briefmarken dienten Millionen von Chinesen als Anschauungsmaterial für die tägliche Lautsprecher- bzw. Radio-Gymnastik, die bereits 1951 vor allem für die Landbevölkerung und die Schüler eingeführt worden war. Dies geschah auf Initiative eines interdisziplinären Verbundes von neun Regierungsorganisationen und Ausschüssen, der vom Nationalen Sport Zentrum über das Bildungsministerium bis zu Schüler- und Studentenverbänden reichte. Täglich wurde im Radio ein Gymnastikprogramm zum Mitmachen zur Steigerung der Volksgesundheit ausgestrahlt. Da die arme Landbevölkerung meist nicht über eigene Radiogeräte verfügte, wurde das Programm dort über Lautsprecher in den Dörfern übertragen. Vorbild für die chinesische Radiogymnastik dürfte Japan gewesen sein. Denn dort wurde schon seit 1928 nach Anweisungen aus dem Radio geturnt. Nicht im Wohnzimmer, wie bei uns üblich, sondern das morgendliche Turnen fand oft im Kollektiv im Freien vor einem der Betriebe oder vor der Schule statt.

Japan FDC 50 Jahre Radiogymnastik 1978Zum 50. Jahrestag der japanischen Radio Gymnastik hatte die japanische Post 1978 eine Briefmarke mit einem turnenden Jungen inklusive FDC und Sonderstempel herausgebracht. Nach den chinesischen Marken von 1952 war dies damit die zweite philatelistische Würdigung der Radio Gymnastik. Weitere habe ich bisher nicht gefunden! Noch immer strahlt der staatliche japanische Rundfunk NHK täglich um 6:25 Uhr Übungen zum Mitmachen aus. Mit einer Unterbrechung nach dem 2. Weltkrieg und einer Überarbeitung, um zu martialische Übungen zu ersetzen, wurde die Radiogymnastik ab 1951 fortgesetzt. Während des zweiten Weltkriegs wurden entsprechende Übungen auch dazu benutzt, die Soldaten fit zu halten.

UnbenanntRajio Taiso – wie die Radiogymnastik in Japan genannt wird, hat sich aus der Zeit des Radios, in die multimediale Gegenwart retten können. Heute wird im Fernsehen bzw. über das Internet vorgeturnt. Die Einheiten dauern jeweils drei Minuten. Zwei Choreografien wechseln sich täglich ab. Am Sonntag gibt es beide zu sehen. Begleitet wird die Turneinheit durch klassische Klaviermusik und einer im Rhythmus der Übungen gehaltenen, etwas streng klingenden Übungsanleitung.

Zu den Vorreitern der Radiogymnastik in Europa gehörte der Schwedische Rundfunk. AB Radiotjänst strahlte bereits drei Wochen nach Gründung in Stockholm am 1.Januar 1925 auf Initiative des Schwedischen Turnverbandes „Turnpropaganda“ in einer täglichen Abendsendung um 19 Uhr aus. An ein direktes Mitmachen war aber auf Grund der technischen Bedingungen – die meisten konnten damals nur über Kopfhörer die Ratschläge empfangen – zunächst noch nicht zu denken. Erst im Juni 1929 genehmigte Radiotjänst schließlich den Vorschlag für Live-Morgengymnastik und im Herbst desselben Jahres war es Zeit für die ersten Testsendungen. 

Bertil_Uggla-RadiogymnastikDer Turnverband war für die Organisation verantwortlich und ernannte Kapitän Bertil Uggla, um die Übungen zu leiten, die um 7.15 Uhr für 15 Minuten übertragen wurden, und sofort um 7.30 Uhr eine zweite Einheit von 15 Minuten für diejenigen, die die erste Einheit verpasst hatten. Die Testsendungen fanden großen Anklang, die Morgengymnastik wurde dauerhaft und damit war ein Bewegungsphänomen geboren, das in den 1930er und 40er Jahren zu einem sehr bekannten Medienbeitrag wurde.  Durch seine markante Stimme und Schnelligkeit, „mit der Uggla einer morgenmüden Bevölkerung die verschiedenen Körperbewegungen mit gebieterischem Ton zutrompete, wurde er wohl zu einer der bekanntesten Radiostimmen seiner Zeit“, wie in seiner Biografie nachzulesen ist. 17 Jahre lang forderte Uggla als Leiter der Morgengymnastik an fast jedem Wochentag seine Hörerinnen und Hörer auf: „Öffne das Fenster, öffne Deine Arme und puste raus!“ Bertil Uggla hat großen Eindruck sowohl auf die Geschichte des schwedischen Radios als auch auf die Geschichte und Entwicklung der schwedischen Sportbewegung hinterlassen.  1912 war er bei den Olympischen Spielen in Stockholm Bronzemedaillengewinner im Stabhochsprung geworden. Später machte er sich als schwedischer Meister auch einen Namen als Fechter und Moderner Fünfkämpfer. In Paris 1924 gab er als 34-jähriger sein olympisches Debüt im Fünfkampf und wurde Dritter.

Bertil Uggla OlympiabronzeOhne olympische Medaillen blieb er dagegen in den Fechtwettbewerben bei den Spielen von 1920, 1924 und 1928. Als Oberst der schwedischen Armee engagierte er sich u.a. intensiv im Militärsport. Er verunglückte tödlich am 29. September 1945 im Alter von 55 Jahren bei einem Trainingsritt im Wald von Karlstad. Ganz Schweden trauerte um ihn.

niederlande-1928-nederland-ix-olympiade-amsterdam-complete-set-with-8-stampsEs gibt zwar keine Briefmarke von Bertil Uggla, trotzdem erinnert eine philatelistisches Rarität an seine Person. Ein gemeinsames Schmuckblatt der Internationalen- und Niederländischen Esparanto-Vereinigung zu den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam mit allen acht gestempelten niederländischen Olympiabriefmarken ist von Bruder Claes Uggla signiert, der zudem noch handschriftlich versichert, dass dieses Blatt ein Geschenk von Bertil Uggla war, der an den Olympischen Spielen in Amsterdam für Schweden teilgenommen hat.

(Autor: Klaus-Jürgen Alde)